Seiten

Samstag, 19. März 2016

Wie Yetl die Menschen erschuf

Es scheint noch keine Sonne und meine Stimmung ist durchwachsen, so schreibe ich zwei Geschichten aus Nordamerika auf. Diese Geschichten werden als Märchen ausgewiesen und beinhalten Nachdenklichkeit, was ich begrüße. Sie erinnern mich an Geschichten aus Deutschland.


Wie Yetl die Menschen erschuf
Yetl wollte Menschen erschaffen. Er arbeitete menschliche Gestalten aus Stein. Er blies auf sie, und die Steine wurden lebendig.


Alsbald aber starben sie. Da machte er menschliche Gestalten aus Erde, blies auf sie, und sie wurden lebendig.

Aber auch sie starben bald wieder. Er schnitzte Menschen aus Holz und belebte sie, indem er auf sie blies. Auch sie starben bald.

Da machte er menschliche Gestalten aus Gras und blies auf sie. Sie wurden lebendig und wurden die Ahnen des Menschengeschlechts. Daher wachsen und vergehen die Menschen wie Gras.

Amerika - Nordamerika - Tlinkit



Wihio verliert seine Haare

Eines Tages ging Wihio umher, als er zwei junge Frauen dasitzen sah. Er ging zu ihnen hin, er sprach zu sich selbst: »Ha, hier sind meine Nichten.« Er hatte sie nie zuvor gesehen, und er wusste in Wirklichkeit gar nicht, wer diese Mädchen waren. Da sprach er zu ihnen: »Meine Nichten, ich freue mich, euch zu sehen. Ich habe Läuse im Haar. Ich möchte, dass ihr sie mir absucht.« Also legte er sich hin und jede setzte sich auf eine Seite und suchte nach Läusen. Während sie das taten, schlief er ein, und derweilen steckten ihm die Mädchen Kletten ins Haar, soviel wie sie nur finden konnten. Dann standen sie auf und gingen fort.


Nach einiger Zeit erwachte Wihio und fand, dass er den Kopf voller Kletten hatte. Er versuchte, sich ins Haar zu greifen, aber die Kletten piekten ihn in die Finger. Unwillig ging er nach Hause.

Während er so dahinlief, sah er eine Maus durch das Gras rennen. Wihio sprach: »Halt, Neffe. Ich muss dich eine Minute sprechen.« Die Maus kam zu ihm gerannt und sagte: »Was willst du denn von mir.«

Wihio erwiderte: »Ich habe das Haar voller Kletten. Würdest du bitte mir alle Haare abnagen.«

Er legte sich hin, streckte sich am Boden aus und die Maus, nicht faul, nagte soviel von seinen Haaren ab, bis er völlig kahlköpfig war. Als Wihio aufstand und den großen Haufen Haare voller Kletten liegen sah, sagte er erleichtert: »So ist es gut. Ich fühle mich auch schon viel besser!«

Er ging zu seiner Hütte, und als seine Frau herauskam, um ihn zu besuchen, rief sie entsetzt: »Was ist denn mit dir geschehen« und schlug ihn auf den Rücken.

Wihio rief: »Warte, prügle mich nicht. Ich habe eine sehr schlimme Geschichte gehört. Ich hörte, ihr wäret alle tot und vor Kummer habe ich mir alle Haare ausgerauft. Es brachte mich nahezu um, als ich hörte, dass daheim alle tot seien!«

Amerika - Nordamerika - Cheyenne


Herzlichst Margot.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen